Die A39 soll von Lüneburg nach Wolfsburg auch durch das Gemeindegebiet von Bienenbüttel gebaut werden. Die Bürgerinitiative „Hohnstorf 2011“ ist ein Teil des Widerstandes gegen diesen ökologischen und ökonomischen Irrsinn.
Gemeinsam mit dem Dachverband „KEINE! A39“ und »benachbarten« Bürgerinitiativen, Einzelpersonen und Verbänden kämpfen wir für Verkehr mit Sinn und Verstand.
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Es ist nicht neu, dass den Industrie- und Handelskammern bei ihrer Lobbyarbeit zuweilen die Maßstäbe verrutschen. Was sich aber die IHK Magdeburg beim Werben für das Autobahnprojekt A14/A39 leistet, ist schon ein starkes Stück und hat die Sprecher der BI Hohnstorf 2011 zu einem offenen Brief veranlaßt:
IHK ruft zum Rechtsbruch auf!
Offener Brief der BI Hohnstorf 2011 an das Präsidium der IHK Magdeburg
Sehr geehrter Herr März,
der „Allgemeinen Zeitung" (Uelzen) vom 12. November 2013 haben wir mit Entsetzen entnommen, dass die IHK Magdeburg dem Bund für Umwelt und Naturschutz und anderen Gegnern des Autobahnprojekts A14/A39 „Menschenverachtung" vorwirft und von ihnen fordert, auf eine umweltrechtliche Prüfung dieses Projekts zu verzichten, um seine rasche Realisierung zu ermöglichen.
Wir leben Gott sei Dank in einer Demokratie. In einer solchen gilt das verbriefte Recht, seine Meinung frei äußern und sich für seine Belange einsetzen zu dürfen. Auch sind die Bürger/innen gehalten, Rechtsverstöße nicht zu dulden. Dass die IHK Magdeburg diese demokratischen Prinzipien offen und öffentlich mit Füßen tritt, erschüttert uns.
Der Gipfel des IHK-Statements ist eine offene Aufforderung zum Rechtsbruch. Es soll nach dem Willen der IHK der gesetzlich fixierte Naturschutz keine Rolle mehr bei Planungen etwa von Autobahnprojekten spielen. Gott sei Dank halten sich die zuständigen Behörden im Rahmen ihrer Möglichkeiten an Recht und Gesetz. Das sollte auch die IHK respektieren.
Herr März, wir können nicht glauben, dass der Bericht der „Allgemeinen Zeitung" die offizielle Stellungnahme des IHK-Präsidiums in dieser Frage korrekt wiedergibt. Sollte dies doch der Fall sein, bitten wir Sie eindringlich, hier für eine Korrektur zu sorgen.
Mit freundlichen Grüßen, Matthias Sost, Wolfgang Schneider, Reinhard Meyer (Sprecher der BI Hohnstorf 2011)
Den Artikel, erschienen in der AZ am 11.11., siehe unten
So macht man Stimmung: Am 23.8. stand in der Aller-Zeitung wieder einmal ein Artikel, der den Eindruck zu erwecken suchte, der Bau der A-39 sei ein entscheidendes Stück näher gerückt. "Bund ist mit Planung einverstanden", so die Überschrift. Der parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium Enak Ferlemann (CDU) wurde zitiert: "Die Zustimmung des Bundes markiert einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg der Realisierung". Was war geschehen? der Bund hat den sogenannten "Gesehen-Vermerk" unter die Planung für den Abschnitt 7 gesetzt. Die BI Natürlich Boldeker Land hat die Dinge wieder ins rechte Licht gerückt:
Stellungnahme der BI Boldecker Land zum Gesehen-Vermerk des Bundes für den A-39-Abschnitt 7
Die Planungen für den Bau der A 39 zwischen Lüneburg und Wolfsburg gehen weiter - nicht weniger und nicht mehr besagt der Gesehen-Vermerk des Bundesverkehrsministeriums. Es hat die Planungsunterlagen der Straßenbaubehörde für den Abschnitt 7 der geplanten A 39 zur Kenntnis genommen und erhebt keine grundsätzlichen Einwände. Alles andere wäre auch eine echte Sensation gewesen, denn es hätte bedeutet, dass die Bundesregierung die von ihr beauftragte Planung nicht billigt. Es bleibt das Geheimnis des Staatssekretärs Enak Ferlemann, wie er in diesem Routine-Verwaltungsakt einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zum Bau der A 39 sehen kann.
Unterm Strich bleibt nicht mehr als die bekannte Tatsache, dass die niedersächsische Landesregierung die Planung für die A 39 weiter vorantreibt, dass sie parallel aber prüft, ob der Ausbau der B 4 mit Ortsumgehungen nicht die bessere Alternative wäre. Wir fordern die Landesregierung auf, den Ausgang dieses Prüfverfahrens abzuwarten und nicht weiter mit einer Planung, die vielleicht nie realisiert wird, Steuergelder zu verschwenden.
Um vollständig zu informieren, veröffentlichen wir nachfolgend einen Beitrag von Dachverbandssprecher Wolfgang Schneider, mit dem die Podiumsdiskussion am 20. August in Hanstedt II eingeleitet wurde. In diesem Beitrag klärt Schneider über "Gutachten", welche seitens der Politik in der Vergangenheit genannt wurden, und deren Inhalte auf.
Über die Podiumsdiskussion berichtete ebenfalls die AZ am 22. August in ihrem Beitrag "Frische Kandidaten, alte Argumente".
Beitrag zur Diskussion am 20.August, Hanstedt II
Es hat sich in den letzten Wochen und Monaten eine Frage geklärt, deren Beantwortung zu den Grundlagen der Diskussion um den Bau der A 39 gehört. Daher ein paar Bemerkungen dazu vorab.
1. Zu den immer wieder vorgetragenen Argumenten der Autobahnbefürworter gehört die Behauptung eines wirtschaftlichen Nutzens durch den Autobahnneubau für die hiesige Region. Prof. Pez (Universität Lüneburg) hat dagegen im Lauf des letzten Jahres mehrfach darauf hingewiesen, dass es seines Wissens keine Untersuchungen aus den letzten ca. 30 Jahren gibt, die einen positiven Zusammenhang zwischen Autobahnneubau und Wirtschaftswachstum nachgewiesen haben. Dem haben die Befürworter der A 39 wiederum heftig widersprochen: Es gebe solche Untersuchungen durchaus. Wir - soll heißen: die Initiativen gegen die A 39 – haben immer wieder darum gebeten, sie uns zu nennen. Lange Zeit vergeblich. Dann hat zunächst der CDU-Landtagsabgeordnete Jörg Hillmer bei einer Diskussionsveranstaltung im Zuge des Landtagswahlkampfs auf ein Gutachten der TU Münster verwiesen, in dem festgestellt worden sei, dass der sogenannte Lückenschluss der A 31 (Emsland-Autobahn; Fertigstellung Dezember 2004) der dortigen Region einen Nettogewinn von 500 Mio. Euro gebracht habe. Ich habe eine Weile gebraucht, um festzustellen, dass es ein solches Gutachten nicht gibt. Was es gibt, ist eine Wirtschaftlichkeitsprognose im Auftrag der dortigen IHKs, die fast vier Jahre VOR Fertigstellung der Autobahn verfasst worden ist. Über ihre tatsächlichen Effekte schreibt der Verkehrswissenschaftler Prof. Gather in einer Studie, auf die ich gleich zu sprechen komme, dass es keinen maßgeblichen Einfluss dieser Autobahn auf die wirtschaftliche Entwicklung der dortigen Region gebe. Und der „Spiegel" hat 2011 in einem Beitrag über Geldverschwendung bei Straßenbauprojekten die A 31 als „Flop" bezeichnet.
2. Im März dieses Jahres hat das verkehrswissenschaftliche Institut der Fachhochschule Erfurt unter Federführung von Prof. Gather eine umfangreiche „Analyse der regionalwirtschaftlichen Effekte ausgewählter Autobahnprojekte" veröffentlicht. Darin werden die tatsächlichen Effekte von Autobahnneubauten der neueren Zeit untersucht und die Ergebnisse mit den Prognosen der Planer verglichen. Untersucht wurden A 20, A 28, A 31, A 38, A 71, A 73. Fazit: Ein positiver Zusammenhang von Autobahnneubau und Wirtschaftswachstum lässt sich nicht nachweisen; die prognostizierten und die tatsächlich erreichten Werte (Nutzerzahlen und Kosten) klaffen, mit einer Ausnahme, weit auseinander – die Nutzerzahlen liegen in der Regel weit unterhalb der Prognosen (-8 bis -61%), die Kosten weit darüber (+36 bis +163%). Entsprechend beträgt das tatsächliche Nutzen-Kosten-Verhältnis zum Teil nur ein Drittel bzw. ein Viertel des zuvor behaupteten Wertes. In ihrer Zusammenfassung kommt die Studie auch auf den neuen Bundesverkehrswegeplan (BVWP) zu sprechen, der uns ja vielleicht im Verlauf der heutigen Diskussion noch beschäftigen wird. Ich zitiere: „Nach derzeitigem Diskussionsstand wird im neuen BVWP 2015 auf eine Monetarisierung regionalökonomischer Wirkungen in der Nutzen-Kosten-Analyse verzichtet. Der BVWP trägt damit der Erkenntnis Rechnung, dass solche Wirkungen nicht seriös unterstellt werden können. Gleichwohl soll es weiterhin ein >Kriterium Raumordnung< geben" – (zwecks Berücksichtigung sogenannter „Erreichbarkeitsdefizite") –. „Auch wenn die entsprechende Methodik noch nicht feststeht, wird offensichtlich, dass alle im Rahmen der vorliegenden Studie untersuchten Autobahnabschnitte in Regionen mit immer noch sehr hohen Erreichbarkeitsdefiziten liegen bzw. diese berühren. Als Konsequenz lässt sich daraus ableiten, dass Autobahnen ganz offensichtlich weder in der Lage sind, Erreichbarkeitsdefizite signifikant zu mindern noch die daraus resultierenden Wachstumsschwächen zu beseitigen."
3. Auch Frau Lühmann hatte im Juni auf einer Veranstaltung in Edendorf erklärt, dass es wenigstens zwei Studien gebe, die einen positiven Zusammenhang von Autobahnneubau und Wirtschaftswachstum belegen. Auf Nachfrage hat sie uns diese freundlicherweise vor ein paar Tagen genannt und zugeschickt. Dazu ein paar Anmerkungen:
Die erste von Frau Lühmann genannte „Studie" ist eine vierseitige Propagandaschrift des ADAC über die segensreichen Wirkungen des Straßenverkehrs, in der nicht ein einziges Wort darüber steht, dass der Bau einer neuen Autobahn Wirtschaftswachstum hervorrufen würde. Das ist auch gar nicht ihre Absicht. Der Text will nur zeigen, dass im Straßenverkehr eine Menge Geld umgesetzt wird und dass das eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung hat. Um das zu belegen, macht der ADAC das bei ihm Übliche: Erstens wendet er alle Negativeffekte des Straßenverkehrs – Unfälle, Versicherungs-, Straßen- und Personenschäden usw. – ins Positive, weil auch sie natürlich Beschäftigung, also Umsatz bedeuten. Zweitens werden die externen Kosten des Straßenverkehrs vollkommen ausgeblendet. Und drittens hat Mobilität natürlich immer ökonomische Wirkungen – auch wenn sie nicht auf der Straße, sondern z.B. umweltverträglicher über die Schiene abgewickelt wird; das ist also für sich genommen überhaupt kein Argument. Fazit: Der ADAC-Text ist für die Diskussion über die Effekte eines Autobahnneubaus ohne jeden Wert. Auch in der zweiten von Frau Lühmann genannten Studie („Regionale Effekte durch Straßenbau-Investitionen") eines Instituts an der TU Berlin findet sich kein Wort zu konkreten empirischen Auswirkungen eines konkreten Autobahnneubaus auf die Wirtschaftsentwicklung einer konkreten Region. Auch diese Studie wurde von einer Lobby-Organisation in Auftrag gegeben – von ProMobilität. Dennoch ist sie für uns von großem Interesse, denn sie eignet sich erstaunlicherweise gerade nicht dazu, den Bau einer Autobahn mit einer regionalwirtschaftlichen Perspektive zu stützen. Sie untersucht erklärtermaßen keine realen Effekte des Autobahnbaus, sondern stellt lediglich Überlegungen darüber an, welches Instrumentarium man verwenden sollte, um solche Effekte gegebenenfalls nachzuweisen und zu messen. In den Worten der Gutachter: „Die Schätzmodelle sollten theoretisch fundiert sein." Zwar weist das Gutachten ausdrücklich darauf hin, dass ein positiver Zusammenhang zwischen Autobahnbau und regionalwirtschaftlicher Entwicklung „theoretisch gut belegt" ist (dass also die theoretischen Instrumente vorhanden sind, um ihn, sollte er eintreten, auch nachweisen zu können). Das Gutachten betont aber gleichzeitig, dass die tatsächlichen Effekte (also der quantitative Umfang der ökonomischen Auswirkungen und seine räumliche Verteilung), die sich aus den theoretischen Annahmen u.U. ableiten lassen, keineswegs eindeutig, sondern widersprüchlich sind und von Fall zu Fall untersucht und nachgewiesen werden müssten. Studien wie die von Prof. Gather zeigen, was herauskommt, wenn man das tut. Auch weisen die Berliner Gutachter etwa darauf hin, dass eine bessere verkehrliche Anbindung einer strukturschwachen Region an eine strukturstärkere sogar zur Verringerung von Produktion und Beschäftigung in der strukturschwächeren Region führen kann – ein Punkt, der für die hiesige Debatte von besonderer Bedeutung ist.
Kurz: Auch diese Studie leistet in keinem Punkt, was die Autobahnbefürworter aus ihr herauslesen möchten. Und mehr gibt's nicht. Damit bestätigt sich die Annahme der Kritiker dieses Autobahnprojekts, dass es keine einigermaßen aktuelle Untersuchung gibt, die den von den Befürwortern behaupteten Zusammenhang von Autobahnbau und wirtschaftlicher Entwicklung nachweist. Ich möchte aus diesem Grund an die Teilnehmer/innen des Podiums appellieren, auf diese Behauptung zu verzichten. Ich weiß, dass das schwer ist, weil Sie alle hier in der Region gewählt oder wiedergewählt werden wollen und aus diesem Grund meinen, den Leuten alles Mögliche versprechen zu müssen. Aber Sie müssten es nun wider besseres Wissen tun, sie müssten wissentlich die Unwahrheit sagen. Und das wäre wirklich keine Empfehlung.